Ich bin ein depressives Nucleophil. Aber dazu später.
Wie man eventuell schon raushört, habe ich in den letzen Tagen ordentlich Chemie gepaukt, das heißt für mich Sonntag eine halbe Stunde, Dienstag eine Stunde, heute morgen beim Kaffee eine halbe und in der Freistunde direkt vor der Klausur noch mal eine halbe. Besser als nichts, die Klausur war trotzdem viel zu schwer.
Rückblende : Gestern. Arbeit.
Telefon geht, ich gehe ran. Nachdem der bisher sehr sympathische Kunde seine Bestellung aufgegeben hat fragt er, ob ich die Pizza vorbeibringen würde. Etwas verwirrt gebe ich ein aufgesetzt-freundliches "Äh, nein.... Das macht einer der Fahrer." von mir, er entgegnet: "Och Schade. hier steigt ne nette Party..." ich kann sein Grinsen hören, es hört sich schleimig und irgendwie pervers an.
Am liebsten hätte ich ihm ins Essen gespuckt, aber ich bin ja kein Unmensch. Und ich lasse mich erst Recht nicht auf so ein Niveau herunter.
Trinkgeld : 1,80€. Mehr als alle bisherigen Trinkgelder zusammen!
So gegen 1.00 Uhr habe ich das letzte Mal auf die Uhr gesehen, viel zu spät, 5 Stunden Schlaf finde ich einfach nicht genug. Leider wurden es noch weniger, ich bin mitten in der Nacht noch aufgewacht und konnte wieder nicht schlafen.
Habe dann Schokolade und Kekse gegessen und Hörspiele gehört.
Heute war wieder ein Fresstag. Das Schlimme daran ist, dass ich keinen Grund dafür erkennen kann. Normalerweise ist es so, dass ich Fressanfälle bekomme, wenn ich die Tage vorher nichts gegessen habe und plötzlich alleine bin oder wenn ich emotionalen oder sonstwas für Stress habe.
So viel zum Essen, im Moment nicht so mein Lieblingsthema.
Nun zum angekündigten, leicht schleppenden Vergleich meiner selbst mit einem Nucleophil.
Was depressiv ist wird wohl jeder wissen, auch wenn ich glaube, dass Betroffene darunter etwas gänzlich anderes verstehen als Außenstehende. Womit ich nicht unbedingt sagen möchte, dass Depressionen habe. Oder vielleicht doch. Wahrscheinlich sage ich dazu lieber gar nichts.
Nucleophile sind Teilchen, die von positiven Polen angezogen werden, um's kurz zu machen. "Nucleo" kommt vom lateinischen Nucleus, was Kern bedeutet. Und ein Atomkern ist ja nun mal positiv geladen. "Phil" kommt vom griechischen philos, was Freund heißt.
So viel dazu. Was ich damit sagen möchte: Ich strebe dauernd nach Positivem, nach positiven Gefühlen wie dem Blick auf die Waage. Oder dem Gefühl, dass bestimmte Lieder in einem auslösen.
Aber ankommen tu ich nie, auf die Waage trau ich mich nicht und Gute-Laune-Lieder kotzen mich hauptsächlich an.
Deswegen das depressive.
Gestern fiel mein Blick auf eine "Brigitte" meiner Mutter. Titelzeile: "Aufgekratzt? Vergesslich? Es könnte eine Depression dahinterstecken!"
Die ersten Male habe ich mich ziemlich über so eine Schlagzeile geärgert. Die meisten Menschem werden nun mal glauben, was die Medien sagen, außerdem ist sie ziemlich suggestiv formuliert. Wir alle sind mal aufgekratzt, und so ziemlich jeder würde sich, allein aus Bescheidenheit, als ab und zu vergesslich beschreiben.
Dann sind wir also alle depressiv, ja?
Gestern aber hab ich mich aber doch an mich erinnert gefühlt. Bei der Arbeit hab ich nichts auf die Reihe bekommen, Salate zwei Mal gemacht und dafür Pastagerichte gar nicht usw. Aber ein Depression?
Die hat sich doch bei mir bisher ganz anders geäußert.
Wenn es eine war.
Oder ist.
Whatever.
Meine eine Schwester nennt es Depression, die andere nennt es das Resultat von 18 Jahren permanenter Scheiße.
Ich nenne es im Moment gar nichts mehr.
Im Moment wundere ich mich nur, warum ich überhaupt noch aufrecht stehe.
Vor weniger als einem Monat konnte ich den ganzen Tag schlafen, bin tagelang weder ans Telefon noch unter die Dusche gegangen, habe den ganzen Tag nichts außer Schokolade und Junkfood gegessen, Freunde haben an die Tür gehämmert und sich Sorgen gemacht und ich habe die Musik aufgedreht und sie eiskalt ignoriert, weil ich das weniger anstrengend fand als wirklich mit Menschen reden zu müssen.
Habe mich den ganzen Tag in meinem Zimmer eingeschlossen, im Schnitt 15 Stunden täglich geschlafen, Spidersolitär gespielt und Hörspiele gehört.
Ich weiß nicht warum, aber auf einmal schaffe ich es, 36 Stunden die Woche in der Schule zu sein, sogar für Klausuren zu lernen, zusätzlich 6-15 Stunden die Woche zu Arbeiten, gehe wieder einem Hobby nach, schreibe sogar in dieses Blog und schlafe unter der Woche nur noch 6 Stunden.
Ich muss mich jeden Tag zum Aufstehen zwingen und ich habe tierisch Angst, dass ich mich vielleicht schon Morgen nicht nehr überzeugen kann.
Das ich nur einen Morgen liegen bleibe. Dann ist mein Abi gelaufen, ich darf keine einzige Schulstunde mehr verpassen da sich schon so enorme Fehlzeiten angesammelt haben.
Ich gebe es nicht gerne zu, aber es ist so. An manchen Tagen habe ich Angst wie ein kleines Mädchen, dass mein Kopfmonster mir mein Leben versaut.
An solchen Tagen muss ich einfach dieses Lied hören:
Genesis - Dance on a Volcano
Dieses Lied aufdrehen, dem Text zuhören, fühlen, dass er mich genau trifft und Mut spüren.
Dieses Album von Genesis habe ich früher sehr oft mit meinem Vater gehört.
Unendlich viele Erinnerungen, die mich traurig machen, weil ich zu ihm keinen Kontakt mehr habe.
Aber auch diese Worte, die meine Situation einfach so gut beschreiben:
Holy Mother of God
You've got to go faster than that to get to the top. [...]
You're halfway up and you're halfway down
And the pack on your back is turning you around.
Throw it away, you won't need it up there, and remember
You don't look back whatever you do.
Better start doing it right.[...]
Out of the night and out of the dark
Into the fire and into the fight
Well that's the way the heroes go, Ho! Ho! Ho!
So motiviert möchte ich jetzt ins Bett hüpfen. Und ganz, ganz schnell schlafen, morgen bis 18.00 von zu Hause wegbleiben und dann wieder ins Bett gehen, bloß nichts essen. Bloß nichts essen. Blos nichts essen...
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