Montag, 6. Dezember 2010

06.12.10: Meine Zweitfamilie

06. 30 Uhr
Nach 3 Stunden Schlaf wache ich auf. Nach langem Hin und Her kann ich mich überzeugen, aufzustehen und zu duschen. Gewogen wird nicht, verdammter Fressanfall gestern.

07.30 Uhr
Der erste Kaffee. Koffein in den Venen tut gut. Vielleicht gehe ich ja zur 3. hin.
Vertreibe mir den Vormittag mit 3 neuen ???-Folgen und übe, mir Zöpfe zu flechten. Möchte ich schließlich später oft tragen, sobald meine Haare erstmal lang sind.

11.00 Uhr
Meine Gedanken schweifen dauernd zu den leckeren, gefüllten Donuts vom Bäcker um die Ecke, ich stelle mir den süßen Zuckerguß mit den knusprigen Streuseln, den leicht nach Marzipan schmeckenden Teig und die cremige Schokoladenfüllung vor, ich kann ihn förmlich schmecken.
Im Nachhinein weiß ich nicht mehr, wie ich das geschafft habe, aber: Ich stecke mein Bargeld in mein Sparglas und putze mir die Zähne.
Wahrscheinlich war ich nur zu faul um zum Bäcker zu laufen.

14.00 Uhr
Ich wache auf. Scheiße! Mama kommt bald nach Hause und ich hab die Wohnung noch nicht vorbereitet, geschweige denn mein Fahrrad in der Garage. Es muss doch alles so aussehen, als sei ich in der Schule gewesen!
Schnell ziehe ich mir eine Jeans an, stelle das Fahrrad in der Garage um, sodass es benutzt aussieht. Ich hole die Post rein, schlunze Mütze und Schal auf den Küchentisch wie ich es an genervten Tage normalerweise tue.
Ich schminke mich noch schnell - dass ich ungeschminkt in der Schule war glaubt sie eh nicht- und fange dann wie vor ein paar Tagen versprochen die Küche auf.


16.00 Uhr
Mama ruft an, ich solle schon mal einen Tee machen. Als sie dann ankommt, trinken wir einen Tee zusammen und ich höre mir langweilige Schilderungen von ihrer Shoppingtour an.

17.00 Uhr
Meine beste (und mittlerweile fast einzige) Freundin ruft an. Nach 10 Minuten Gespräch fragt ihre Mutter, ob wir beide nicht mit zu IKEA wollen. Erst lehne ich dankend ab, aber irgendwie könnte ich schon noch ein bisschen Bewegung oder was zu tun gebrauchen heute- also sage ich spontan zu, keine Viertelstunde später holt die gesamte Familie mich mit dem Auto ab.

Diese meine Zweitfamilie besteht aus Eltern und 2 Schwestern, die ältere ist meine beste Freundin, die ich jetzt seit 13 Jahre kenne.
Dort bin ich immer willkommen, ich weiß dass sie mir jederzeit einen Unterschlupf gewähren würden, wenn es mir mit meiner Familie zu viel wird.
Die Mutter fragt auch immer neugierig, wie es denn bei mir in der Schule aussieht, ob ich einen Freund hätte, wie es meiner Mutter geht usw. Der Vater kann sich auch mal verquatschen, aber er fragt nicht so viel nach. Meine Freundin erzählt nichts von mir, also muss ich eigentlich jedes Mal wenn ich da bin, der Mutter ein bisschen erzählen, was es denn so Neues gibt.
Irgendwie finde ich das ein bestätigendes Gefühl, dass jemand sich für mich interessiert, obwohl ich nicht mit ihm/ihr verwandt bin.

Das einzige Problem an meiner besten Freundin lässt sich jedenfalls an einer einzigen ihrer Aussagen festmachen: "Also, das letzte Wort was mir zu dir einfallen würde, ist depressiv! Du bist doch eigentlich immer gut drauf, ich kennen niemanden der so viele Lachanfälle hat wie du!"
Aus ihrer Sicht stimmt diese Beschreibung wahrscheinlich auch, das liegt aber daran dass sie nicht auf meine Schule geht, und ich nie ans Telefon gehe, wenn es mir schlecht geht. Und wenn ich eine meiner Depriphasen habe, rufe ich auch niemanden an.
Das heißt sie kennt meine wirklichen Probleme nicht. Ich will sie ihr auch nicht sagen, ich habe Angst, dass sie mich dann nicht mehr mag oder mich zu anstrengend findet.


18.00 Uhr
Im IKEA verlieren wir die Mutter schon, bevor der Rest von uns überhaupt im Laden ist. Nach kurzer Suche sind wir vereint und die Suche nach einem neuen Sofa für die Familie kann beginnen.
Ich habe im IKEA 2 Bettwäschen, ein Innenkissen, einen Kissenbezug und ein Wandtattoo für mich gekauft.
Alles ist sehr hell und mit blumigen Motiven bedruckt, ich möchte mein Zimmer nämlich heller gestalten. Da mein Bett sehr groß und mein Zimmer sehr klein ist, bemerkt man als allererstes in meinem Zimmer die Bettwäsche. Wenn die also dunkel ist, wirkt gleich das ganze Zimmer sehr viel dunkler. Dunkel kann ich im Moment gar nicht gebrauchen - also gibt es helle, positive Bettwäsche.

Im Auto auf der Rückfahrt wird mir klar: So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr. Ich komme mit der ganzen Familie total gut klar, albere mit der Schwester und meiner Freundin herum, werde von den Eltern sogar nach meiner Meinung zu dem roten Sofa dadrüben befragt, und ich habe das Gefühl, dass meine Meinung ihnen sogar nicht total egal ist.
So sollte Familie doch sein, oder? Ein ganzer Abend ohne Stress, Hektik oder Streit. Das war so entspannend. Ich glaube, morgen gehe ich in die Schule.

Heute gegessen: 71kcal
Heute verbrannt: 0kcal        (Normalen Tagesbedarf nicht einberechnet)


PS: Achja, heute ist ja Nikolaus. Hätte ich fast vergessen. Ich hatte aber auch nichts im Stiefel.

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